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22. Dezember 2025

Junge Alternative, aber professionell

Die kürzlich gegründete AfD-Jugendorganisation Generation Deutschland ist mehr als nur die alte Junge Alternative in neuem Gewand. Sie ist stärker in die Mutterpartei integriert und soll deren Nachwuchsarbeit professionalisieren.

Jean-Pascal Hohm, der Vorsitzende der neu gegründeten AfD-Jugendorganisation Generation Deutschland.

Jean-Pascal Hohm, der Vorsitzende der neu gegründeten AfD-Jugendorganisation Generation Deutschland.

IMAGO / Hartenfelser

Die AfD feiert die Gründung ihrer neuen Parteijugend. Gleichzeitig bleibt vieles beim Alten: die gleichen Mitglieder, ähnliche völkisch-nationalistische Ansichten, dieselben Kontakte in die rechtsextreme Szene. Nach der Auflösung der Jungen Alternative (JA) will die AfD mit der Gründung der Generation Deutschland (GD) gezielter junge Menschen in Zeiten politischer Aussichtslosigkeit ansprechen. Hinter dem neuen Anstrich steckt aber auch der Versuch, die eigene Jugendarbeit zu professionalisieren – und zugleich die Parteijugend enger an sich zu binden.

Beim Gründungskongress der Generation Deutschland Ende November in Gießen wurde die allgemeine Satzung verabschiedet sowie der vom Verfassungsschutz Brandenburg als gesichert rechtsextrem eingestufte Jean-Pascal Hohm zum Vorsitzenden gewählt. Der GD angehören kann jedes AfD-Mitglied bis 36 Jahren. Sie ist der Partei als »rechtlich unselbstständige Teilorganisation« unterstellt und unterliegt dem Parteienrecht. Die Mutterpartei hat somit bei allem immer das letzte Wort.

Angetrieben von neuem Enthusiasmus wagt die AfD nach dem Bruch mit der rechtsextremen Jungen Alternative Anfang des Jahres einen neuen Anlauf, junge Menschen für sich zu gewinnen. Die JA, die sich 2013 gegründet hatte, wurde erst 2015 von der AfD als Jugendorganisation anerkannt. Wer bei ihr Mitglied sein wollte, musste per se kein Mitglied der AfD sein. Organisiert war sie als Verein mit einem Bundesverband und Landesverbänden in sechzehn Bundesländern und laut eigenen Angaben rund 2.500 »Aktiven«. Über die Jahre radikalisierte sich die JA zunehmend und wurde 2024 offiziell als »gesichert rechtsextrem« eingestuft. Grund dafür sei laut Bundesamt für Verfassungsschutz, dass die JA an einem »völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff« festhalte.

Die JA geriet der Mutterpartei außer Kontrolle. Beklagt wurden zu viele Überschneidungen mit rechtsextremen Netzwerken und zu enge Kontakte mit Identitären. Durchgreifen konnte die AfD aufgrund der Vereinsstruktur der JA allerdings nicht. Schließlich stand das Risiko eines Vereinsverbots im Raum. Anfang 2025 zog die AfD dann den Stecker. Auf ihrem Bundeskongress beschloss die JA ihre Selbstauflösung. Der AfD-Bundesverband ebnete zeitgleich auf ihrem Bundesparteitag den Weg zu einer neuen Jugendorganisation. Sie solle die JA »ersetzen«.

Mit der GD soll der AfD-Nachwuchs direkt ins Parteiwesen eingebunden werden. Das politische Programm des Jugendverbands ist noch nicht beschlossen. Jedoch ist davon auszugehen, dass das eigenständige Auftreten der Jugendorganisation als Ausdruck einer strategischen Einbettung in die Machtstrukturen der Mutterpartei verstanden werden kann, die letztlich an den Fäden hängt, die die AfD im Hintergrund zieht.

Jugendarbeit mit Plan

Der neue GD-Vorsitzende Jean-Pascal Hohm, der in Gießen mit über 90 Prozent der Stimmen gewählt wurde, ist 28 Jahre alt, arbeitet nach eigenen Angaben als Mediengestalter, sitzt für die AfD im brandenburgischen Landtag und ist seit seinem achtzehnten Lebensjahr Parteimitglied. Damit zählt er zu jenem Kreis, der die AfD von Beginn an mitaufgebaut hat. Während seines Studiums soll er zeitweise Mitglied der Burschenschaft Salamandria Dresden gewesen sein. In der Vergangenheit fiel Hohm durch Interviews auf, in denen er den Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD gegenüber der Identitären Bewegung kritisierte.

Hohm, der ohne Gegenkandidaten antrat, gilt parteiintern als erfahren im politischen Tagesgeschäft, medienaffin und als kommunikativer Stratege, der sich gern vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk interviewen lässt. Online wird er bereits als »Brandenburger Posterboy« oder »Typ Schwiegersohn« stilisiert. Hohm scheut nicht davor zurück, seine völkisch-nationalistischen und nativistischen Ansichten, beispielsweise seine Angst vor einem »Bevölkerungsaustausch« in Deutschland oder seinen Antisemitismus, öffentlich und transparent kundzutun.

»Es liegt nahe, dass die GD künftig versuchen wird, ihre Kontakte zu Sport- und Kulturvereinen, kirchlichen Jugendgruppen, Burschenschaften und Hochschulgruppen auszubauen.«

Seinen Anspruch an die künftige AfD-Jugend machte er beim Gründungskongress in einem Interview mit dem rbb deutlich: »Die neue Jugendorganisation wird diszipliniert auftreten. Sie ist sich ihrem Kernauftrag bewusst, Kaderschmiede für die Mutterpartei zu sein.« Inhaltlich sei geplant, sich von den politischen Positionen der JA nicht allzu stark zu entfernen. Gleichzeitig wolle man die Mutterpartei stärken.

Mit Hohm kann die Parteijugend auf einen Medienprofi und in der rechtsextremen Szene gut vernetzten Typen setzen. Es liegt nahe, dass die GD künftig versuchen wird, ihre Kontakte zu Sport- und Kulturvereinen, kirchlichen Jugendgruppen, Burschenschaften und Hochschulgruppen auszubauen sowie innerhalb dieser Strukturen eigene politische Initiativen und Austauschräume zu fördern.

Parallel dazu ist mit einer stärkeren medialen Rezeption und mit mehr Reaktionen durch rechte Influencer, Tiktoker und Youtuber zu rechnen. Anders als häufig unterstellt, zeigte eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung von letztem Jahr, dass die AfD bislang kaum über eine kohärente Social-Media-Strategie verfügt. Doch das könnte sich mit der neuen Parteijugend ändern. Professionalisierte Inhalte, betreut von jungen Social-Media-Strategen und Medienberatern sollen Reichweite erzeugen und online neue Zielgruppen erschließen. In einem Interview in Gießen zeigte sich AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla überzeugt, dass durch die GD insbesondere mehr Frauen und Menschen mit Migrationsgeschichte gewonnen werden könnten.

Welche politischen Inhalte letztendlich über die Online-Kanäle laufen werden, bleibt abzuwarten. Allerdings sollten völkisch-nationalistische und nativistische Positionen in Anbetracht des Vorstandsteams um Hohm, Jan Richard Behr, Adrian Maxhuni und Patrick Heinz, von denen letztere ebenfalls jahrelang in der JA aktiv waren und laut Recherchen teils nachweislich Verbindungen zur Identitären Bewegung und NPD hatten, nicht überraschen. Schließlich trägt die AfD jene lange in der Partei schlummernde Ideologie seit Jahren immer unverblümter, transparenter und selbstbewusster nach außen.

Nachwuchs für die Macht

In Zeiten von zunehmend illiberaler Politik, in denen sich politische Kräfteverhältnisse neu justieren und ehemals liberale, grüne oder sozialdemokratische Programmatik nach rechts rückt, sehen sich junge Menschen mit zunehmender politischer Perspektivlosigkeit konfrontiert.

Sie erleben Enttäuschung über politische Verantwortliche und sehen sich fehlenden Ausbildungsplätzen, Kürzungen beim Bürgergeld, Debatten über die Abschaffung von Minijobs und einem Abbau sozialer Infrastruktur wie auch Jugend- und Kulturangeboten ausgesetzt. Gleichzeitig werden auf ihrem Rücken Themen wie die Reaktivierung der Wehrpflicht oder die Anhebung des Rentenalters diskutiert. Einige reagieren darauf mit bundesweiten Schülerprotesten. Bei anderen bietet dieses Gefühl des Übergangenwerdens Nährboden für eine Partei mit völkisch-nationalistischen Ansichten, die ihnen bessere Zeiten verspricht.

»Bei der GD gilt nun: Aktiv sein darf nur, wer auch AfD-Mitglied ist. Damit erhält die Partei Durchgriffsrechte.«

Mit der GD dürfte nun eine Professionalisierung der Jugendarbeit der AfD eintreten. Als offizielle Parteijugend ist die GD juristisch weit schwerer angreifbar als die frühere JA. Nun gilt: Aktiv sein darf nur, wer auch AfD-Mitglied ist. Damit erhält die Partei Durchgriffsrechte. Wer nicht gefällt, dem wird mit einem Rausschmiss aus der Partei gedroht, wie zuletzt im Fall Alexander Eichwald, der in Gießen mit seiner »Hitler-Rede« für Fassungslosigkeit im Saal sorgte. Ob Eichwalds Positionen tatsächlich so weit von den politischen Überzeugungen anderer in der Partei abweichen, bleibt fraglich. Mit der GD als Teil der Parteistruktur kann die AfD sich den Aufwand öffentlicher Abgrenzungen sparen. Sie hat es nun viel stärker selbst in der Hand, welche Richtung der Jugendverband einschlagen soll.

Es ist ein Neuanfang für die Rekrutierung. Mit der GD sichert sich die AfD wieder einen direkten Draht zu jungen Menschen. Das ermöglicht der Mutterpartei eine gezielte Nachwuchsförderung, über die sie die Oberhand behält. In Zeiten politischer Anspannung und autoritärer Krisenpolitik wirkt die Gründung der neuen AfD-Jugend vor allem wie ein neuer Anstrich der gescheiterten JA – ein Mittel, um einen »Neuanfang« zu suggerieren und die Aufbruchsstimmung mitzunehmen.

Die AfD strebt an die Macht und der Fall der Brandmauer scheint nicht allzu fern zu sein. Für den Erfolg brauche es jedoch die Generation Deutschland, machte abschließend auch Alice Weidel in Gießen klar: »Ich möchte, dass wir eine starke zweite und dritte Reihe dafür haben«, rief sie den rund 800 jungen Parteimitgliedern zu. »Ihr sollt politische Verantwortung übernehmen, und die Vorstufe dazu ist ein erfolgreicher Jugendverband der AfD.«

Maike Schüler ist Politikwissenschaftlerin und schreibt bevorzugt über Mexiko sowie die extreme Rechte.