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23. Juni 2025

Projektfinanzierte Wohlfahrt ist Teil des Problems, nicht der Lösung

Gemeinnützige Organisationen leisten wichtige soziale Arbeit. Zugleich sind sie aber Teil des Problems, dass der Staat öffentliche Dienstleistungen zu schlechteren Bedingungen outsourct. Die Linke muss an der Rekommunalisierung der Daseinsvorsorge festhalten.

Um soziale Leistungen zu sichern, braucht es Regelfinanzierung statt Projektlogik.

Um soziale Leistungen zu sichern, braucht es Regelfinanzierung statt Projektlogik.

IMAGO / Depositphotos

Die öffentlichen Haushalte geraten immer mehr unter Druck. Zugleich wirkt die Schuldenbremse als neoliberales Ordnungselement. Der Bund kann nun zwar unbegrenzt in Aufrüstung investieren, in anderen Bereichen muss jedoch gespart werden. Auch die Bundesländer und Kommunen, deren Ausgaben während der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Möglichkeit, wegen der außergewöhnlichen Notlage zusätzliche Schulden aufzunehmen, stark gewachsen sind, müssen diese Schulden nun abbauen und ihre Haushalte konsolidieren.

Allein die Kommunen haben 2024 mit einem Defizit von 24,8 Milliarden Euro abgeschlossen. Erschwerend kommt hinzu, dass nach aktuellen Steuerschätzungen die Steuereinnahmen auf Grund von Steuerreformen in den nächsten Jahren durchschnittlich jährlich um rund 16 Milliarden Euro niedriger liegen werden und die Koalition auf Bundesebene beispielsweise mit dem »Investitions-Booster« weitere Steuersenkungen für Unternehmen angekündigt hat, die zu Lasten der Kommunen und Landeshaushalte gehen werden.

Der Ruf nach Konsolidierung bedeutet vor allem, dass die öffentliche Hand ihre Leistungen zurückfährt. Gekürzt wird zuerst bei den projektfinanzierten freiwilligen sozialen Leistungen wie Jugendfreizeiteinrichtungen, Beratungsstellen, Schulsozialarbeit, Seniorinnentreffs oder Nachbarschaftszentren. Diese werden in der Regel durch Träger der freien Wohlfahrt umgesetzt.

Die politische Linke hat in der freien Wohlfahrt einerseits potenzielle Bündnispartner wie kleinere kommunale Träger oder große Wohlfahrtsverbände wie die Arbeiterwohlfahrt oder das Unionhilfswerk, die mit ihr zusammen gegen Kürzungen der sozialen Daseinsfürsorge streiten und für den Erhalt von sozialen Angeboten eintreten. Doch damit droht zugleich, dass linke Akteure zunehmend die Logik der Projektförderung und des Outsourcings öffentlicher Dienstleistungen an Dritte als den Status quo akzeptieren.

Outsourcing öffentlicher Leistungen

Seit den 1990er Jahren wurden immer mehr öffentliche Angebote nicht mehr durch den Staat, sondern über Dritte angeboten. Grund dafür sind neoliberale Verwaltungsreformen, die auf Privatisierung, Wettbewerb und betriebswirtschaftliche Steuerung im öffentlichen Sektor setzten. Wegen der angeblich höheren Effizienz sollte der Staat nach dem Vorbild privater Unternehmen umgestaltet werden und Aufträge outsourcen, um die Kosten für die Bereitstellung öffentlicher Daseinsfürsorge zu drücken.

Nach mehreren Jahrzehnten hat sich dieser behauptete Effizienzvorsprung privater Initiative im Rahmen unterschiedlichster Studien als Unsinn erwiesen. Private Akteure wollen primär Gewinne erwirtschaften. Sie kalkulieren mit Renditeerwartungen, was zu standardisierten Leistungen, geringem Personaleinsatz und niedrigen Löhnen führt. Langfristig drohen höhere Kosten, sinkende Qualität und Vertrauensverlust. Dennoch hat sich Outsourcing staatlicher Leistungen in der Praxis durchgesetzt: Ein Großteil der Daseinsvorsorge wird heute im Auftrag des Staates statt in eigenen Einrichtungen erbracht.

»Projektfinanzierung bedeutet: keine dauerhafte Finanzierung, keine Personalbindung, keine Planungssicherheit. Fachkräfte finden nur kurzfristig Beschäftigung, Projekte verschwinden unabhängig vom tatsächlichen Bedarf, wenn Finanzierungen auslaufen.«

Gemeinnützige Träger, insbesondere Wohlfahrtsverbände, gelten oft als an den Interessen der Allgemeinheit orientierte Alternative zu privatwirtschaftlichen Anbietern. Zwar sind gemeinnützige Organisationen nach diversen Studien zum Beispiel anhand des Pflegebereichs auch tatsächlich stärker am Gemeinwohl orientiert, weisen eine höhere personelle Kontinuität und vergleichsweise bessere Arbeitsbedingungen auf und sind zudem oft in kommunale Netzwerke eingebunden.

Doch auch bei gemeinnützigen Trägern zeigen sich zentrale Nachteile des Outsourcings. Dazu zählen eine schlechtere, oft nicht tarifgebundene Bezahlung der Beschäftigten und hohe Koordinations- und Abrechnungskosten auf Seiten sowohl der Träger als auch der auftraggebenden Verwaltung. Trotz ihrer Gemeinwohlorientierung handeln auch gemeinnützige Träger nach eigenen Organisationslogiken, die nicht deckungsgleich mit kommunalen Zielen oder auch den Interessen der Nutzerinnen ihre Angebote sind.

Auch gemeinwohlorientierte Träger streben bei staatlich finanzierten Dienstleistungen Überschüsse an, um mindestens aus betriebswirtschaftlichen Gründen Rücklagen zu bilden, Investitionen an anderer Stelle zu ermöglichen oder andere Projekte quer zu finanzieren. Die formal anerkannte Gemeinnützigkeit ändert an den prinzipiellen Problemen des Outsourcings nichts.

Projektfinanzierung ist das zentrale Problem

Projektfinanzierung überträgt das Just-in-Time-Prinzip aus der Privatwirtschaft auf die Sozialpolitik: Sie soll Bedarfsspitzen flexibel abdecken, ohne dauerhaft Ressourcen zu binden. Das dient unter der Bedingung chronischer Knappheit der haushaltspolitischen Flexibilität, führt aber gleichzeitig im sozialen Bereich zu Instabilität und einer unübersichtlichen und intransparenten Fraktionierung der Angebotslandschaft.

Projektfinanzierung bedeutet: keine dauerhafte Finanzierung, keine Personalbindung, keine Planungssicherheit. Fachkräfte finden nur kurzfristig Beschäftigung, Projekte verschwinden unabhängig vom tatsächlichen Bedarf, wenn Finanzierungen auslaufen. Zudem erzeugt sie hohen bürokratischen Aufwand, begünstigt Konkurrenzverhalten statt Kooperation zwischen den Trägern und führt zu einer Unübersichtlichkeit von Angeboten und schier endlosen Ketten von Verweisberatungen, an denen Hilfesuchende verzweifeln.

Die Leidtragenden sind diejenigen, die auf die wegfallenden Beratungsstellen, Begegnungsorte im Bereich Jugend oder Seniorinnen oder andere »freiwillige soziale Leistungen« angewiesen sind, und die Beschäftigten der Projekte, die sich von Vertrag zu Vertrag hangeln müssen und keine abgesicherte berufliche Perspektive unter dem Schutz von Tarifverträgen haben.

Der Doppelcharakter gemeinnütziger Institutionen

Gemeinnützige Träger leisten wichtige Arbeit. Gerade wenn sie Betroffene auch gegen die staatliche Willkür unterstützen und parteiisch für die Bürgerinnen gegen Behörden tätig werden, erfüllen sie wichtige Funktionen. Selbstorganisationen von Migrantinnen oder anderen marginalisierten Gruppen sind wichtige Kontrolleure staatlichen Handelns, die immer wieder auf Missstände aufmerksam machen. Die Träger und Verbände der freien Wohlfahrt nehmen dies auch als Auftrag wahr, als organisierte Zivilgesellschaft die Interessen ihrer jeweiligen Klientel gegenüber dem Staat zu vertreten.

Dennoch weisen gemeinnützige Organisationen einen Doppelcharakter auf: einerseits sprechen Sie für Marginalisierte und helfen Bürgerinnen ihre Rechte auch gegen den Staat durchzusetzen, andererseits haben sie auch ein Eigeninteresse an dem Erhalt ihrer Organisation und sind wirtschaftlich von staatlichen Aufträgen und der staatlichen Finanzierung abhängig. Dieses Spannungsverhältnis hat Bedeutung für die Beziehung linker Parteien zu diesen Organisationen.

»Private Träger, ob gemeinnützig oder nicht, sind wirtschaftlich abhängig von den Aufträgen des Staates und damit auch von dem neoliberalen Modell des Outsourcings staatlicher Dienstleistungen an Dritte.«

Denn einerseits sind Träger staatlich finanzierter Projekte, schon aus ihrem Eigeninteresse als Organisationen heraus, an einer auskömmlichen Finanzierung der sozialen Daseinsfürsorge und dem Ausbau von Wohlfahrtsangeboten interessiert. Aber andererseits sind sie auch an die neoliberale Form der Umsetzung, also dass sie selbst mit der Erbringung durch den Staat beauftragt und von diesem finanziert werden, gebunden und stehen dem Aufbrechen der neoliberalen Logik von Outsourcing und der Auflösung der daraus resultierenden fraktionierten Beratungslandschaft entgegen.

Private Träger, ob gemeinnützig oder nicht, sind wirtschaftlich abhängig von den Aufträgen des Staates und damit auch von dem neoliberalen Modell des Outsourcings staatlicher Dienstleistungen an Dritte. Somit sind auch gemeinnützige Organisationen nicht als Gegengewicht gegen den neoliberalen Staat zu verstehen, wie es in der liberalen Theorie und in der Selbstwahrnehmung dieser Verbände behauptet wird. Vielmehr sind sie als Zivilgesellschaft ein »erweiterter Staat« im Sinne von Antonio Gramsci, die die herrschende neoliberale Hegemonie mit(re)produzieren.

Laut Gramsci umfasst die Zivilgesellschaft neben Verbänden inklusive der Träger der freien Wohlfahrt auch Parteien, Unternehmen, Medien, Kultureinrichtungen und Bildungsinstitutionen. Gramsci beschreibt die Zivilgesellschaft als den zentralen Ort der Hegemonie, an dem Zustimmung zur bestehenden Ordnung organisiert wird: nicht durch Zwang, wie beim Staat im engeren Sinne, sondern durch scheinbar freiwillige Kooperation. Die von staatlicher Finanzierung abhängige Zivilgesellschaft ist, deutlicher noch als es bei Gramscis Konzeption ursprünglich der Fall war, heute schon aus ihrem ökonomischen Eigeninteresse heraus an dem Modus neoliberaler Regulation staatlichen Handelns gebunden und organisiert laufend Zustimmung zu ihm. Zivilgesellschaftliche Organisationen sind somit ebenfalls soziale Träger des Neoliberalismus wie die bürgerliche Presse, Arbeitgeberverbände, rechte Thinktanks und linksliberale wie konservative bis rechte Parteien.

Ein strategischer Irrweg der Linken

Die Träger und Verbände der freien Wohlfahrt sind auch Träger von ökonomischen Interessen. Als solche wenden sie sich an die Abgeordneten der in Parlamenten vertretenden Parteien. Dabei deckt sich das Interesse am Erhalt des Status quo im politischen Zentrum weitestgehend mit den Wirtschaftsinteressen der freien Träger. Dies ist jedoch nicht der Fall bei einer politischen Linken, die an einer grundsätzlichen Kritik an der neoliberalen Staatsorganisation festhält oder sogar eine sozialistische Transition anstrebt.

Freie Träger sind im Grunde privatwirtschaftliche Organisationen mit ökonomischen Interessen, die formale Anerkennung der Gemeinnützigkeit ändert daran wenig. Doch im Parlamentsalltag und unter dem Druck der Interessenvertreter geht die strategische Orientierung schnell verloren und auch sozialistische Parteien wie die Linke führen plötzlich nur noch Abwehrkämpfe gegen die Kürzung einzelner Projekte, statt die neoliberale Staatsorganisation und mit ihr das Modell der Projektfinanzierung und das zum Geschäft machen der Daseinsfürsorge grundsätzlich zu kritisieren und zu bekämpfen.

Anstatt die Interessen der Lohnabhängigen an gut finanzierter Daseinsvorsorge und tarifgebundener Beschäftigung zu vertreten, gleitet linke Parlamentsarbeit häufig in Stakeholder-Management ab. So strebt die Linksfraktion im Land Berlin beispielsweise ein Bündnis mit Trägern der freien Wohlfahrt an, ohne eine grundsätzliche Kritik an Outsourcing und Privatisierung zu üben. Dabei werden Organisationen der freien Wohlfahrt fälschlich als Verbündete betrachtet, obwohl sie primär ihre ökonomischen Eigeninteressen verfolgen. Auf Grundlage privatwirtschaftlicher Interessen lässt sich jedoch kein strategisches Bündnis aufbauen, wenn man die Abschaffung des Kapitalismus anstrebt.

»Es braucht eine Demokratisierung der Daseinsvorsorge. Die Entscheidungsmacht über diese darf nicht den jeweiligen Haushaltszwängen unterworfen werden, sondern muss an Beschäftigte und Nutzerinnen, etwa in Form von Beiräten, übergeben werden.«

Ein weiteres aktuelles Beispiel für die politischen Probleme, die aus einer solchen Politik des Stakeholder-Managements für linke Parteien resultieren, ist das Bundesland Sachsen. Dort hat die Minderheitsregierung aus CDU und SPD einen Kürzungshaushalt vorgelegt, zu dessen Beschluss sie allerdings auf die Opposition angewiesen sind. Schon zur Wahl des Ministerpräsidenten hat die vom Reformerflügel dominierte Linksfraktion Sachsen ausgeholfen und Michael Kretschmer von der CDU gewählt.

Der Haushaltsplan für das Bundesland Sachsen für 2025 ist noch immer nicht beschlossen. Solange kein beschlossener Haushaltsplan vorliegt, dürfen nur Ausgaben getätigt werden, die zur Erfüllung bestehender rechtlicher Verpflichtungen, zur Aufrechterhaltung des Verwaltungsbetriebs oder für unaufschiebbare Maßnahmen notwendig sind. Neue freiwillige Leistungen, Investitionen oder Stellenbesetzungen sind grundsätzlich untersagt, es dürfen keine neuen Förderbescheide oder Projekte begonnen werden.

Damit könnte auch kein Geld an neue Projekte von freien Trägern fließen. Damit das Geld dennoch fließt, haben Teile der sächsischen Trägerlandschaft großen Druck auf die sächsische Linksfraktion ausgeübt, damit diese dem Kürzungshaushalt zustimmt. Die Linke Sachsen würde sich jedoch mit der Zustimmung zu einem radikalen Kürzungshaushalt nach Vorstellung von SPD und Union vollkommen unglaubwürdig machen und die Opposition gegen die Kürzungen der politischen Konkurrenz, inklusive der AfD, überlassen. Bisher hält die sächsische Linksfraktion diesem Druck Stand und lehnt eine Zustimmung unter den gegebenen Bedingungen ab.

Doch das Beispiel macht deutlich, dass sich die Interessen von Trägern der freien Wohlfahrt und einer sozialistischen Partei nicht decken, sondern im Widerspruch zueinanderstehen. Das Geschäftsinteresse der freien Träger und schon die im klassisch-sozialdemokratischen verbleibende langfristige Perspektive auf Überwindung des Neoliberalismus und einer auskömmlichen Finanzierung der sozialen Daseinsfürsorge schließen sich aus. Eine Infragestellung des Neoliberalismus muss auch beinhalten, neoliberale Modelle staatlichen Handelns abzulehnen und das Outsourcing staatlicher Dienstleistungen an private Akteure, inklusive freier Träger, zu beenden.

Ganz im Gegensatz dazu droht die Linke sogar, sich gegen die Interessen der Beschäftigten bei den freien Trägern instrumentalisieren zu lassen. Denn diese haben als Lohnabhängige ein Interesse an einer guten und langfristigen Beschäftigung unter den Bedingungen eines Tarifvertrages, wie ihn die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben, statt keine oder nur niedrige Haustarifverträge bei freien Trägern zu haben. Kurzfristig sichert der Erhalt von einzelnen Projekten zwar die Jobs der Beschäftigten, doch langfristig verfestigt es Prekarität, da bei den nächsten Haushaltsverhandlungen bereits wieder das Ende der jeweiligen Projekte droht oder an diesen gespart werden muss. Die Situation verschärft sich nochmals bei linken Regierungsbeteiligungen, in denen allein die Knappheit auch linke Parteien dazu zwingt, die neoliberalen Outsourcingsmodelle fortzuführen und selbst je nach Haushaltslage Förderungen kürzen zu müssen.

Eine andere Politik ist möglich

Dass linke Parteien Bündnisse mit Verbänden und privatwirtschaftlichen Interessenorganisationen suchen, so wie es beispielsweise die Berliner Linksfraktion in Reaktion auf den Kürzungshaushalt in Berlin versucht, ist nicht nur Ausdruck eines fehlenden Klassenkompasses in der Arbeit einzelner Abgeordneter, sondern auch Ausdruck fehlender Rückbindung linker Parteien in die Bevölkerung. Bündnisse mit Verbänden sollen die fehlende Verankerung der eigenen Partei – auch im Kontext eines allgemeinen Trends abnehmender Bindungen zu Parteien oder Gewerkschaften – wettmachen. Doch dieser Modus linker Politik, die bereits die SPD aus einer klassenkämpferischen Partei in eine leere Hülle für angepasste Karrieristinnen verwandelt hat, ist nicht alternativlos.

Erste Ansätze etablieren sich bereits mit Formaten wie »Die Linke hilft«, bei denen Mitglieder der Linkspartei Menschen aus der Nachbarschaft beraten und sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte auf Leistungen unterstützen. Bundesweit machen viele linksradikale Gruppen Stadtteilarbeit, um sich im Kiez zu verankern und eine Gegenmacht von unten aufzubauen. Linke müssen für die Rekommunalisierung öffentlicher Daseinsfürsorge, die Eingliederung der Beschäftigten in den öffentlichen Dienst und allgemein für Strukturen kämpfen, die sich nicht bei der nächsten Haushaltskrise einfach ohne Rücksicht auf die Folgen für die Bevölkerung wegkürzen lassen.

»Die Linke muss als Organisatorin gesellschaftlicher Gegenmacht agieren und anstelle eines Bündnisses mit Interessenverbänden das Bündnis mit den Beschäftigten der freien Träger und den Nutzerinnen der sozialen Infrastruktur suchen.«

Es braucht Regelfinanzierung statt Projektlogik. Dazu muss das Outsourcing öffentlicher Dienstleistungen, egal ob an profitorientierte Unternehmen oder freie Träger, prinzipiell infrage gestellt werden. Ausnahmen muss es natürlich geben. So ist es prinzipiell sinnvoll, dass es unabhängige Beschwerde- oder Beratungsstellen von und für marginalisierte Gruppen gibt.

Gleichzeitig braucht es eine Demokratisierung der Daseinsvorsorge. Die Entscheidungsmacht über diese darf nicht den jeweiligen Haushaltszwängen unterworfen werden, sondern muss an Beschäftigte und Nutzerinnen, etwa in Form von Beiräten, übergeben werden. Dazu gehört, dass auch landeseigene Unternehmen nicht wie privatwirtschaftliche Unternehmen geführt werden dürfen, sondern wie beispielsweise von »Deutsche Wohnen und Co. Enteignen« vorgeschlagen als Anstalten öffentlichen Rechts sozialen Zielen verpflichtet werden müssen.

Die Linke muss als Organisatorin gesellschaftlicher Gegenmacht agieren und anstelle eines Bündnisses mit Interessenverbänden das Bündnis mit den Beschäftigten der freien Träger und den Nutzerinnen der sozialen Infrastruktur suchen. Der Kulturwandel der Partei zurück zu einer klassenkämpferischen, aktiven Mitgliederpartei, der sich in Ansätzen an der Basis zeigt, muss nun auch in die politischen Ansätze der Fraktionen der Linken Einzug halten.

Fabian Nehring ist Politikwissenschaftler und aktives Mitglied bei der Linken in Berlin.